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Brandschutz ist ein wichtiges Thema und muss je nach Anwendungsgebiet bei der Entwicklung von Kunststoff- und Gummikomponenten berücksichtigt werden. Wenn beispielsweise ein elektronisches Produkt oder die Ausstattung eines Fahrzeugs in Brand gerät, sind nicht nur Sachwerte, sondern auch Menschenleben gefährdet. Aus diesem Grund müssen die eingesetzten Werkstoffe Brandschutznormen erfüllen, um im Falle eines Brandes bestmöglichen Schutz zu bieten.
Bei Jäger begegnen uns zwei dieser Normen besonders häufig: Die amerikanische UL94 sowie die europäische DIN EN 45545.
UL94 ist eine Brandschutznorm der US-amerikanischen Organisation Underwriters Laboratories (UL), die auf Produkt- und Materialzertifizierungen spezialisiert ist. Die Norm prüft die Entflammbarkeit von Kunststoffen für Komponenten in Elektro- und Haushaltsgeräten und wurde mit mehreren internationalen Standards harmonisiert.
Ihre Messkriterien beurteilen unter anderem die Brenngeschwindigkeit, die Verlöschungszeit, die Nachglimmdauer und die Tropfenbildung. Insgesamt beinhaltet sie zwölf Klassifizierungen, abhängig vom Einsatzbereich des zu prüfenden Materials:
Prüfling in der Flamme eines Bunsenbrenners
Die horizontale Klassifizierung HB testet nach einmaliger Beflammung die Brandgeschwindigkeit, unter Berücksichtigung der Materialstärke. Die vertikalen Brennbarkeitsklassen V-2 bis V-0 beflammen zweimal. Sie prüfen die Brenn- und Nachglimmdauer und testen, ob sich brennende Partikel von der Materialprobe lösen, die einen unter dem Prüfling befindlichen Baumwollindikator entzünden.
Die Klassen 5VB und 5VA weisen strengere Kriterien auf. Hier wird der Prüfling fünfmal einer Flamme ausgesetzt, die ungefähr zehnmal stärker ist als bei den Prüfungen nach V-0, V-1, V-2 und HB. Geprüft wird sowohl das Brennverhalten vertikal ausgerichteter Stäbe als auch die Lochbildung an horizontal eingespannten Platten.
Die VTM-Kriterien ähneln denen der Klassen V-2 bis V-0. Allerdings wird die Flamme nur 3 statt 10 Sekunden angewendet. Bei den HBF-Prüfungen ist die Beflammungszeit mit 60 Sekunden deutlich länger.
Die exakten Prüfkriterien der einzelnen Brennbarkeitsklassen können Sie auf der Website der Underwriters Laboratories nachlesen.
Die DIN EN 45545 ist eine europäische Norm und auf den Brandschutz in Schienenfahrzeugen ausgerichtet. Sie ist in zwei Teile gegliedert:
Die Norm soll sicherstellen, dass Fahrgäste und Zugpersonal im Brandfall möglichst keine gesundheitlichen Schäden davontragen und reibungslos evakuiert werden können. Sachwerte (z. B. das Fahrzeug selbst) spielen eine untergeordnete Rolle.
Die Ausgestaltung der Brandschutzvorschriften in DIN EN 45545-2 hängt von der Gefährdungsstufe ab. Diese setzt sich aus der Bauart- sowie der Betriebsklasse zusammen, welche in DIN EN 45545-1 beschrieben werden.
Die Bauartklasse kategorisiert die Konstruktion des Fahrzeugs sowie seine primäre Funktion:
Die Betriebsklasse gibt die Einsatzbedingungen des Fahrzeugs wieder und damit den Kontext seines Betriebs:
Die Gefährdungsstufe (Hazard Level) ergibt sich aus einer Matrix, deren Dimensionen Bauart- und Betriebsklasse darstellen. Es gibt drei Kategorien: HL1 (niedrige Gefährdung), HL2 (mittlere Gefährdung) und HL3 (hohe Gefährdung).
N | A | D | S | |
OC1 | HL1 | HL1 | HL1 | HL1 |
OC2 | HL2 | HL2 | HL2 | HL2 |
OC3 | HL2 | HL2 | HL2 | HL3 |
OC4 | HL3 | HL3 | HL3 | HL3 |
Die Einstufung zeigt, dass die Anforderungen steigen, je kritischer sich die Evakuierungssituation darstellt.
Welche Prüfverfahren und Grenzwerte für einzelne Komponenten vorgesehen sind, hängt von der Gefährdungsstufe ab und wird in DIN EN 45545-2 detailliert beschrieben. Die Anforderungen unterscheiden sich unter anderem in Bezug auf die Rauchentwicklung, den Sauerstoffgehalt und die Entstehung toxischer Gase.
Bei Interesse können Sie die komplette Norm hier erwerben.
Die Vermutung liegt nahe, dass der Werkstoff mit der höchsten Brandschutzklasse immer die beste Wahl ist. Die Brandschutzklasse zu maximieren kann unter Umständen jedoch bedeuten, dass der Werkstoff andere gewünschte Eigenschaften verliert. Die Materialauswahl im Gummi- und Kunststoffbereich ist komplex. Es gibt verschiedene Faktoren zu beachten, die in Relation stehen. An einer Schraube zu drehen, kann Konsequenzen an anderer Stelle haben.
So kann sich der Einsatz von Zusatzstoffen, die die Flammwidrigkeit verbessern, negativ auf andere Eigenschaften, wie beispielsweise die UV-Stabilität, die Biegefestigkeit oder die Temperaturstabilität des Werkstoffs auswirken. Zudem sind erhöhte Anforderungen an Werkstoffe häufig auch mit erhöhten Materialkosten verbunden und die Materialauswahl wird eingegrenzt.
Es ist daher sinnvoll, die tatsächlichen Mindestanforderungen auf Basis der Anwendungssituation entlang der Lieferkette abzustimmen. Somit kann im Zweifelsfall der Einsatz eines überqualifizierten Werkstoffs, und damit auch höhere Materialkosten, vermieden und ein möglicher Wettbewerbsnachteil ausgeschlossen werden.
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Stefanie Schelberg ist gelernte Industriekauffrau und Wirtschaftsfachwirtin. Sie ist seit 2016 bei Jäger im Vertrieb tätig und für kundenspezifische Produkte zuständig.
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